Freitag, 17. April 2020

Rückepferde

Die Vögel zwitschern, in der Luft liegt der Duft frisch gesägten Holzes, kein Geräusch einer Maschine stört das Ohr des Waldbesuchers. Doch was ist das? Auf einmal bricht schnaubend und stampfend ein Kaltblüter durch das Unterholz. An seiner Seite ein kerniger Bartträger mit Lederhose und kariertem Hemd. Zusammen manövrieren sie gekonnt einen kleinen Baumstamm durch das Labyrinth aus Bäumen und Sträuchern, bis sie den nächsten Weg erreichen und das Holz ablegen können.

Ein Rückepferd-Gespann bei der anstrengenden Arbeit im Gelände.

Ist es das? Das Patentrezept für die ideale Forstwirtschaft – emissionsarm, naturnah und bodenschonend?

Ja und nein. So wertvoll die Pferderückung in manchen Bereichen als Ergänzung zur hochmechanisierten Holzernte ist, in weiten Teilen kann sie diese nicht ersetzen.

Es gibt Einsatzbereiche, in denen eine Rückung des Holzes mittels Pferd sehr sinnvoll ist. In Beständen an Hängen, die für Maschinen zu steil sind, kann ein Pferd trittsicher das Holz aus der Fläche an Rückewege schleppen. Diese verlaufen parallel zum Hang und sind mit Maschinen wie dem Forwarder gut befahrbar. Von dort aus übernimmt dieser den weiteren Transport des Holzes zum Holzlagerplatz.

Auch in bestimmten Schutzgebieten, in denen der Rückgassenabstand mindestens 40 m zueinander beträgt, ist die Rückung mittels Pferd angebracht. Hier können die Pferde bzw. die Gespanne die einzelnen Holzabschnitte bis zur nächsten Rückegasse ziehen, von wo aus sie ebenfalls mit Maschinen weiter transportiert werden.

Doch oft stößt die Pferderückung an ihre Grenzen. Und zwar wenn das zu rückende Holz größere Dimensionen und damit auch ein höheres Gewicht hat. Also immer dann, wenn wir in den Stammholzbereich gehen. Ein einzelnes Pferd schafft Abschnitte oder Stämme mit einer Stückmasse zwischen 0,1 und 0,3 Festmeter, ein Gespann mit 2 Pferden bis zu 1,0 bis 1,5 Festmeter [1 Festmeter = 1 Kubikmeter Holz]. Mehr ist nicht machbar. Schwere Fichten- oder Buchenstämme, die manchmal 2, 3 oder noch mehr Festmeter haben, liegen somit weit außerhalb des Möglichen.

Nur kurze Abschnitte und dünne Stämme kann ein Rückepferd aus dem Bestand ziehen, alles andere wäre für das Tier zu schwer.
Bei ähnlichen Kosten der Pferderückung pro Festmeter gegenüber der hochmechanisierten Holzernte ist die Leistung jedoch deutlich geringer. Ein Forwarder kann innerhalb der gleichen Zeit etwa das zwei- bis dreifache an Holzmenge aus dem Wald an die Wege rücken.

Dennoch, die Holzrückung durch Pferde ist tief in unserer forstwirtschaftlichen Tradition verwurzelt. Bis in die 1960er Jahre wurde sie noch flächendeckend eingesetzt. Und auch heute noch hat sie in gewissem Maße ihre Berechtigung, auch wenn sie in weiten Teilen von hochmechanisierten Rückeverfahren abgelöst wurde.

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